Zeckenbedingte Bedrohungen
Zeckenbedingte Bedrohungen, Foto: pixabay

Mit steigenden Temperaturen steigt auch die Aktivität der Zecken. Diese kleinen Spinnentiere stellen eine ernste Gesundheitsgefahr dar. In Deutschland infizieren sich jährlich zehntausende Menschen mit Borreliose oder Frühsommer-Meningoenzephalitis.

Inhaltsverzeichnis:

Ramona S. aus Baden-Württemberg und die Folgen eines Zeckenstichs

Zwar ziehen sich Zecken bei Kälte zurück, doch milde Winter führen dazu, dass sie bereits ab acht Grad Celsius wieder aktiv werden können. Besonders in Städten wie Berlin sollten Spaziergänger daher wachsam bleiben. Wichtig ist es, den Körper regelmäßig abzusuchen – auch außerhalb der klassischen Zeckensaison.

Ein einziger Zeckenstich kann dramatische gesundheitliche Konsequenzen haben. Ramona S., eine 32-jährige Industriekauffrau aus Baden-Württemberg, ist ein bekanntes Beispiel. Sie wurde vor Jahren von einer Zecke gestochen und mit Borrelien infiziert. Heute kann sie nicht mehr laufen und leidet unter chronischen Schmerzen.

Die durch die Bakterien verursachte Lyme-Borreliose äußerte sich bei ihr in schweren Entzündungen der Gelenke, des Kiefers, der Nierenbecken sowie neurologischen Symptomen wie "Gehirnnebel". Auch Hautausschläge und Haarausfall traten auf. Mehrere Arten von Borrelien können diese Krankheit auslösen, die ohne rechtzeitige Behandlung lebensverändernd sein kann.

Der Gemeine Holzbock verbreitet die meisten Erreger

In Deutschland existieren rund 20 Zeckenarten. Der Gemeine Holzbock (Ixodes ricinus) ist der häufigste und gefährlichste. Er überträgt sowohl Borrelien als auch das FSME-Virus. Seine Entwicklung erfolgt in mehreren Stadien – vom Ei zur Larve, dann zur Nymphe und schließlich zur ausgewachsenen Zecke. Die Tiere können bis zu fünf Jahre alt werden und benötigen für jede Entwicklungsphase eine Blutmahlzeit.

Der Holzbock bevorzugt feuchte, schattige Orte, zum Beispiel unter Laub oder in dichtem Gras. Er heftet sich an vorbeistreifende Tiere oder Menschen. Laut Biologin Dania Richter von der TU Braunschweig befällt er über 300 Wirbeltierarten, insbesondere Nagetiere – ein Hauptreservoir für Krankheitserreger.

Übertragung von Krankheitserregern und Schutzmaßnahmen

Borrelien befinden sich zunächst inaktiv im Mitteldarm der Zecke. Erst nach Kontakt mit Lymphe und Blut des Wirts gelangen sie in dessen Körper. Die Übertragung erfolgt meist nach 16 bis 36 Stunden. Bei FSME hingegen werden Viren direkt mit dem ersten Speichelsekret abgegeben.

Empfohlene Schutzmaßnahmen umfassen:

  • zweimal tägliches Absuchen des Körpers
  • das Tragen von geschlossener Kleidung bei Ausflügen in die Natur
  • die Verwendung von Zeckenzangen oder -karten zur Entfernung

Die Kniekehlen gelten als bevorzugte Stichstelle, vor allem bei Erwachsenen. Kinder sind besonders im Kopf- und Nackenbereich betroffen.

FSME-Risikogebiete und aktuelle Entwicklungen in Berlin

Berlin selbst gehört aktuell nicht zu den FSME-Risikogebieten, betont das Robert-Koch-Institut. Dennoch sollten Berliner bei Waldspaziergängen vorsichtig sein. In Brandenburg hingegen wurden fünf Risikoregionen festgestellt: Frankfurt (Oder), Oberspreewald-Lausitz, Oder-Spree, Spree-Neiße sowie – neu hinzugekommenElbe-Elster.

Laut RKI sind bis zu 5 Prozent der Zecken in diesen Gebieten mit FSME-Viren infiziert. Trotzdem kommen etwa 3 bis 5 Prozent aller FSME-Fälle aus nicht offiziell ausgewiesenen Risikogebieten. Auch Berliner Wälder sind somit potenzielle Gefahrenzonen.

Statistiken, Impfungen und laufende Forschung

Die Anzahl der Borreliose- und FSME-Erkrankungen schwankt jährlich. Zwischen 15.000 und 35.000 neue Borreliose-Fälle werden in Deutschland registriert – laut Krankenkassendaten könnten es sogar über 200.000 sein. 2024 wurden 687 FSME-Fälle gemeldet.

Gegen FSME existiert eine Schutzimpfung, empfohlen für:

  • Forstarbeiter und Landwirte
  • Menschen mit häufigem Aufenthalt im Freien
  • Reisende in Risikogebiete

Gegen Borreliose gibt es derzeit keine Impfung. Firmen wie Pfizer und Valneva entwickeln jedoch einen Impfstoff namens VLA15, der bereits 2026 zugelassen werden könnte.

Zecken sind weit verbreitet – Infektionsgefahr bleibt hoch

Untersuchungen zeigen, dass etwa jede dritte bis vierte Zecke in Deutschland mit Borrelien infiziert ist. In einer Langzeitstudie in Hannover wiesen 24 Prozent der gesammelten Tiere eine Infektion auf. Die Erkrankungsrate liegt jedoch nur bei 0,3 bis 1,4 Prozent der Zeckenstiche mit Symptomen – bei 5,6 Prozent lassen sich Antikörper nachweisen.

Trotzdem summieren sich die jährlichen Erkrankungen auf bis zu 200.000 Fälle. Besonders gefährlich sind mögliche Hirnhautentzündungen und Entzündungen des Rückenmarks. Ein durchgemachter Infekt schützt nicht vor einer erneuten Erkrankung. Die Gefahr besteht also dauerhaft – auch für Berliner Spaziergänger.

 Quelle: Berliner Zeitung