Herzinfarkt
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Herzinfarkt und Schlaganfall gehören zu den häufigsten Todesursachen weltweit. In Deutschland sind sie laut Robert-Koch-Institut die Hauptursache für Sterbefälle. Digitale Risikorechner sollen helfen, das persönliche Risiko für solche Erkrankungen vorherzusagen. Doch wie genau sind diese Modelle wirklich? Experten geben eine Einschätzung.

Inhaltsverzeichnis:

Renate Schnabel und ihre Einschätzung zu Risikorechnern

Risikorechner nutzen verschiedene Faktoren zur Berechnung des individuellen Risikos. Wichtige Parameter sind Alter, Blutdruck, Blutfettwerte, Rauchen und Diabetes. Renate Schnabel, Kardiologin und stellvertretende Klinikdirektorin am Universitären Herz- und Gefäßzentrum Hamburg, betont, dass vor allem das Alter eine entscheidende Rolle spielt. Mit zunehmendem Alter steigt das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen erheblich. Auch das Geschlecht hat Einfluss: Frauen haben in jüngeren Jahren ein niedrigeres Risiko als Männer, was auf die schützende Wirkung weiblicher Geschlechtshormone zurückzuführen ist.

Diese Rechner bieten eine erste Orientierung, sind aber nicht für alle gleich zuverlässig. Viele Modelle wurden für bestimmte Bevölkerungsgruppen entwickelt und liefern bei jüngeren oder älteren Menschen weniger genaue Ergebnisse. Zudem gibt es geografische Unterschiede. Ein Modell, das für Deutschland entwickelt wurde, ist möglicherweise in anderen Ländern weniger aussagekräftig.

Vergleich der Modelle - Score2 und Agla-Rechner

In Europa wird oft der Score2, ein Modell der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie, genutzt. Dieses basiert auf Daten aus über 15 Ländern mit mehr als einer Million Individuen und 43.000 dokumentierten Ereignissen. Die Genauigkeit wird als moderat bis gut bewertet.

Ein weiteres Beispiel ist der in der Schweiz verbreitete Agla-Rechner, der auf einer kleinen Stichprobe basiert. Von 1.415 erfassten Personen nahmen nur 53 Prozent teil, mit einem Durchschnittsalter von 63 Jahren. Dadurch sind die Ergebnisse nicht auf alle Altersgruppen übertragbar.

Neben der Wahl des passenden Modells spielt auch die Art der Vorhersage eine Rolle. Manche Rechner sagen nur tödliche oder bestimmte Herz-Kreislauf-Ereignisse voraus. Wer sein individuelles Risiko besser verstehen möchte, sollte genau prüfen, welches Modell für die persönliche Situation geeignet ist.

Potenzial für Verbesserungen - Neue Technologien und Biomarker

Aktuelle Risikorechner konzentrieren sich auf leicht messbare Werte wie Blutdruck und Cholesterin. Wichtige Faktoren wie Bewegung, Ernährung, Stress oder Begleiterkrankungen bleiben oft unberücksichtigt. Zukünftig könnten genauere Modelle entwickelt werden, die auch langfristige Risiken besser einbeziehen.

Ein weiterer Ansatz sind neue Biomarker, die detailliertere Einblicke in den Gesundheitszustand bieten. Bisher sind sie jedoch teuer und nur über spezielle Labortests verfügbar. Smart-Technologien wie Wearables könnten ebenfalls eine Rolle spielen. Bereits heute erfassen Smartwatches kontinuierlich Gesundheitsdaten und könnten in Zukunft frühzeitig auf Risiken hinweisen.

Die Forschung arbeitet daran, digitale Modelle zu verbessern und präzisere individuelle Vorhersagen zu ermöglichen. Dennoch bleibt eine ärztliche Untersuchung unverzichtbar. Risikorechner sind vor allem ein Werkzeug zur Prävention und Bewusstseinsbildung – eine medizinische Diagnose können sie nicht ersetzen.

Quelle: morgenpost.de