Die Bundesbank schlägt eine grundlegende Reform des deutschen Rentensystems vor. Nach Ansicht der Ökonomen aus Frankfurt sollte das Rentenalter künftig an die Lebenserwartung gekoppelt werden. Gleichzeitig soll die Frührente mit 63 finanziell unattraktiver werden. Ziel ist die Stabilisierung der Rentenfinanzen angesichts der demografischen Entwicklung.
Inhaltsverzeichnis:
- Rentenempfehlung von Joachim Nagel
- Kürzungen bei Frührente ab 63 Jahren
- Auswirkungen auf das tatsächliche Rentenalter
- Regierung zeigt bislang Zurückhaltung
Rentenempfehlung von Joachim Nagel
Die Bundesbank unter Leitung von Joachim Nagel spricht sich für ein höheres Rentenalter aus. Schon ab dem Jahr 2031, wenn das reguläre Eintrittsalter von 67 Jahren erreicht ist, könnte ein neuer Anpassungsmechanismus greifen. Laut dem Monatsbericht würde eine Koppelung an die steigende Lebenserwartung den Beitragssatz um rund 2 Prozentpunkte senken. Derzeit liegt dieser bei 18,6 Prozent, bis Mitte der 2030er Jahre wird ein Anstieg auf 22,3 Prozent erwartet.
Arbeitgeber und Arbeitnehmer teilen sich die Beiträge zu gleichen Teilen. Eine Begrenzung des Anstiegs würde laut Bericht den Arbeitsmarkt entlasten und die Staatsfinanzen stabilisieren.
Kürzungen bei Frührente ab 63 Jahren
Die derzeitige Frührente für langjährig Versicherte soll reformiert werden. Wer heute nach 35 Beitragsjahren mit 63 in den Ruhestand geht, erhält monatliche Abschläge von 0,3 Prozent, maximal 14,4 Prozent. Die Bundesbank hält diese Kürzungen für zu niedrig. Vorgeschlagen werden Abschläge von bis zu 19 Prozent. Dies soll der tatsächlichen Lebensdauer besser Rechnung tragen.
Beispielrechnungen zeigen deutliche Unterschiede:
- Rente bei 1000 € monatlich: bisher 856 €, künftig 810 €
- Rente bei 2000 € monatlich: bisher 1712 €, künftig 1620 €
Freiwillige Ausgleiche durch höhere Beiträge würden in Zukunft teurer. Die Höhe ist jedoch individuell unterschiedlich.
Auswirkungen auf das tatsächliche Rentenalter
Die Einführung der abschlagsfreien Rente mit 63 hat das durchschnittliche Renteneintrittsalter gesenkt. Seit der stufenweisen Anhebung des gesetzlichen Rentenalters im Jahr 2011 stieg das tatsächliche Rentenalter konstant an – mit Ausnahme der Jahre nach Einführung der Regelung für die Rente mit 63. Die Bundesbank erwartet, dass eine neue Kopplung wieder zu einem Anstieg führen würde. Daten im Überblick:
- 40 % der Neurentner gehen mit Erreichen der Regelaltersgrenze
- 20 % nutzen die abschlagsfreie Rente nach 45 Beitragsjahren
- 12,5 % gehen mit Abschlägen in den Ruhestand
- Nur 3 % nutzen die steuerlichen Zuschläge für späteren Ruhestand
Regierung zeigt bislang Zurückhaltung
Die Bundesregierung hat bisher keine der vorgeschlagenen Reformen umgesetzt. Die Bundesbank kritisiert das Zögern und verweist auf ungenutzte Chancen zur langfristigen Sicherung der Renten. Die geplanten Maßnahmen der Ampel-Koalition – etwa steuerfreie Hinzuverdienste bis zu 2000 Euro im Rentenalter – reichen laut Bericht nicht aus.
Zwar belohnt das System das längere Arbeiten mit monatlichen Rentenzuschlägen von 0,5 Prozent, doch diese Möglichkeit wird kaum genutzt. Die Experten sehen darin ein klares Zeichen für Handlungsbedarf.
Die Forderung der Bundesbank bleibt eindeutig: Ohne strukturelle Reformen wird das Rentensystem unter Druck geraten.
Quelle: Berliner Morgenpost