Die Diskussion über die Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung nimmt an Fahrt auf. Der Arbeitgeberverband BDA fordert eine grundlegende Änderung bei der beitragsfreien Mitversicherung von Ehepartnern. Nach Ansicht des Verbandes sollen künftig auch nicht erwerbstätige Ehepartner einen Mindestbeitrag von rund 220 Euro im Monat zahlen. Ziel ist es, die finanzielle Stabilität des Gesundheitssystems zu sichern und Einsparungen in Milliardenhöhe zu ermöglichen.
Inhaltsverzeichnis:
- Vorschlag des Arbeitgeberverbands BDA
- Unterstützung aus der Union durch Simone Borchardt
- Kritik von Patientenschützern und Krankenkassen
- Reformdruck im Gesundheitssystem
Vorschlag des Arbeitgeberverbands BDA
Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) hat ein umfassendes Maßnahmenpaket vorgestellt. Neben dem Ende der Beitragsfreiheit für mitversicherte Ehepartner will der Verband die 2013 abgeschaffte Praxisgebühr in veränderter Form wieder einführen. Diese soll künftig nicht mehr nur einmal pro Quartal, sondern bei jedem Arztbesuch erhoben werden. Damit sollen unnötige Arztbesuche vermieden und die Patientenströme gezielter gesteuert werden.
- Senkung der Mehrwertsteuer auf Arznei- und Hilfsmittel auf sieben Prozent
- Ausweitung der Selbstbeteiligung für Versicherte
- Stärkere finanzielle Eigenverantwortung in der Gesundheitsversorgung
Mehr zu den aktuellen Herausforderungen im Gesundheitswesen finden Sie hier.
Unterstützung aus der Union durch Simone Borchardt
Lob für den Vorschlag kam aus der CDU/CSU-Fraktion. Die gesundheitspolitische Sprecherin Simone Borchardt erklärte, dass die Vorschläge des BDA zentrale Punkte aufgreifen, die im Gesundheitssystem längst überfällig seien. Schätzungen zufolge könnten bis zu 40 Milliarden Euro eingespart werden. Borchardt betonte jedoch, dass punktuelle Maßnahmen allein nicht ausreichten.
Sie forderte umfassende Reformen, die Finanzierung, Struktur und Versorgung gemeinsam betrachten. Besonders wichtig sei die sektorenübergreifende Versorgung. Nach ihren Angaben könnten rund vier Millionen Behandlungsfälle ambulant durchgeführt werden, was Kosten spare und das medizinische Personal entlaste.
Auch die Digitalisierung spiele eine entscheidende Rolle. Anwendungen wie digitale Dokumentation und moderne Vernetzung könnten Abläufe vereinfachen und Versorgungsprozesse beschleunigen. Mehr über die Bedeutung moderner Technologien in der Medizin erfahren Sie hier.
Kritik von Patientenschützern und Krankenkassen
Eugen Brysch, Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, wies die Forderungen des BDA entschieden zurück. Er erklärte, dass Familien nicht die finanziellen Lücken der gesetzlichen Krankenversicherung schließen sollten. Viele nicht berufstätige Ehepartner hätten gute Gründe, nicht zu arbeiten – von Kindererziehung über Krankheit bis hin zur Pflege von Angehörigen.
Brysch schlug stattdessen vor, die über 77 Milliarden Euro Subventionen für Arbeitgeber zu kürzen. Damit könnten die Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung für die nächsten zehn Jahre stabil gehalten werden.
Auch die AOK äußerte sich kritisch. Carola Reimann, Vorsitzende des AOK-Bundesverbands, bezeichnete die Vorschläge als „unangemessen und überzogen“. Sie verwies auf bestehende Ungleichgewichte und historisch hohe Beitragssätze. Weitere Hintergrundinformationen zu steigenden Gesundheitskosten finden Sie hier.
Reformdruck im Gesundheitssystem
Die Vorschläge des Arbeitgeberverbands verdeutlichen den Handlungsdruck in der deutschen Gesundheitsversorgung. Die steigenden Ausgaben, der Fachkräftemangel und eine alternde Bevölkerung belasten das System zunehmend. Experten rechnen damit, dass ohne Reformen langfristig deutliche Beitragserhöhungen drohen.
Die politische Debatte um die Zukunft der gesetzlichen Krankenversicherung bleibt damit eines der zentralen Themen der kommenden Monate. Sowohl Arbeitgeber als auch Patientenvertreter fordern eine gerechte Verteilung der Lasten – doch über den richtigen Weg herrscht weiterhin Uneinigkeit.
Quelle: Berliner Morgenpost